Der „Pflegenotstand“ ist kein neues Thema auf der politischen Agenda. Pünktlich vor den Wahlen, wird es wieder ausgepackt. Fast alle Parteien fordern eine Reform der Pflege und versuchen die aufkommende Diskussion für ihren Wahlkampf zu nutzen. Doch wie genau soll die Pflege reformiert werden? Martin Schulz kündigt einen „Neustart in der Pflege binnen hundert Tagen“. Merkel sprach sich für eine bessere Bezahlung von Pflegekräften aus und stellte einen besseren Personalschlüssel in der Betreuung in Aussicht. Zur Behebung des Personalmangels schlug Sie vor, mehr Pflegekräfte aus Osteuropa, beispielsweise polnische Pflegekräfte anzuwerben.
Was fordern die Parteien in ihren Wahlprogrammen?
CDU/CSU
Die Große Koalition hat in der letzten Legislaturperiode den Pflegebeitrag aufgestockt und die Versicherung auf Demenzkranke ausgeweitet. Aus Sicht der Union seit das Gesundheitssystem seit rund zehn Jahren stabil und leistungsfähig, trotzdem fordert die Union, dass die Versorgung stärker auf die Patienten zugeschnitten wird. Es sollen noch mehr Menschen für eine Tätigkeit im Gesundheitswesen gewonnen werden, wenn es nicht anders geht auch ausgebildete polnische Pflegekräfte. Dazu müsse man insgesamt die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte weiter verbessern.
SPD
Zunächst soll es ein Sofortprogramm für mehr Personal in der Altenpflege geben, um kurzfristig Entlastung zu schaffen. Ein weiteres großes Anliegen der SPD ist es, die sozialen Berufe attraktiver zu machen. Das soll sich in den Einkommen widerspiegeln. Spitzenkandidat Martin Schulz forderte gleich 30 Prozent mehr Gehalt. „Wir setzen uns für mehr und besser bezahltes Pflegepersonal in Krankenhäusern ein“, sagt er. Berufe in der Pflege müssten außerdem flexibler sein und mehr Aufstiegschancen bieten. Die SPD will künftig auch aus den schulischen Ausbildungsgängen duale Ausbildungen machen. Diese werden dann auch angemessen vergütet.
Mehr Lohn und Anerkennung
Wenn es nach den Grünen ginge, soll der Pflegeberuf aufgewertet und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Laut Katrin Göring-Eckardt braucht es dazu “mehr und bessere Bezahlung”. Außerdem müsse man 25.000 mehr Pflegekräfte in einem Sofortprogramm aufstellen, um dem aktuellen Pflegenotstand akut zu begegnen. Die Grünen fordern außerdem eine gemeinsame Pflegeausbildung und ein unabhängiges Institut für die Qualität in der Pflege. Um die Pflege langfristig finanzieren zu können, soll die Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung werden.
FDP
Auch die Liberalen fordern mehr Anerkennung und gesellschaftliche Wertschätzung der professionellen Pflege. Sie fordern, dass der Beruf attraktiver werden muss, was sich ebenfalls in der Vergütung der Arbeit widerspiegeln muss. Darüber hinaus fordert die FDP eine integrative Ausbildung der Pflegekräfte. Das bedeute ein gemeinsames erstes Ausbildungsjahr und spezialisierte Folgejahre.
Die Linke
Die Partei will den Abbau von Personal durch Einsparung und Outsourcing stoppen und sogar rückgängig machen. Es sollen 100.000 neue Pflegefachkräfte eingestellt werden, um den Personalnotstand zu bekämpfen. Dafür sollen verbindliche bundesweite Vorgaben geschaffen werden, wie viele Pflegekräfte für wie viele Patientinnen und Patienten vorhanden sein müssen.
AfD
Die Alternative für Deutschland sieht die Hauptursache des Pflegenotstands darin begründet, dass die Personalkosten der Krankenhäuser nur unzulänglich abgebildet seien. Das „DRG-Fallpauschalensystem“ gibt die Berechnungsgrundlage für die einzelnen Behandlungstypen vor. In den Krankenhausgehältern seien die tariflichen Lohnsteigerungen deshalb nur teilweise enthalten.
In Deutschland fehlen flächendeckend Ärzte und Pflegekräfte. Immer seltener finden Arbeitgeber ausreichend Personal für ihre Einrichtung. Verzweifelt gehen sie weite Wege, um qualifizierte Kandidaten zu finden, beispielsweise polnische Pflegekräfte. Zahlreiche Prognosen machen deutlich, dass der Gesundheitssektor riesigen Herausforderungen gegenübersteht.
Eine alternde Gesellschaft braucht mehr Pflegekräfte
In beinahe allen Bundesländern ist ein Fachkräftemangel in der Kranken- und Altenpflege zu verzeichnen. Rein rechnerisch stehen in keinem Bundesland ausreichend Bewerber zur Verfügung, um damit die fehlenden Stellen zu besetzen. Außerdem ist aufgrund des demographischen Wandels mit einer stetigen Zunahme an Pflegebedürftigen zu rechnen. Gab es laut dem Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2015 rund 2,86 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland werden es im Jahr 2030 bereits 3,62 und im Jahr 2045 bereits 4,51 Millionen Pflegebedürftige.
Sind polnische Pflegekräfte die Lösung?
Schon länger wird versucht, mehr Pflegekräfte im europäischen Ausland anzuwerben – zum Beispiel polnische Pflegekräfte. Unter den Arbeitskräften im Gesundheitsbereich stellen die Polen die größte ausländische Gruppe. Von den bundesweit 210.000 Auszubildenden besitzt im Gesundheitswesen rund jeder Siebte eine ausländische Staatsangehörigkeit. Viele ausländische Pflegekräfte gehen jedoch auch wieder zurück in ihre Heimat.
Mehr Lohn und Anerkennung
Deutschland ist immer noch nicht attraktiv genug für qualifizierte ausländische Arbeitnehmer. Damit das kein Dauerzustand bleibt, und das Anwerben, beispielsweise von polnischen Pflegekräften, besser funktioniert, muss es zu grundsätzlichen Veränderungen kommen: Mit dem Abbau des Bürokratieaufwands für ausländische Bewerber, einer Verbesserung der Tests zur Feststellung der Sprachkenntnisse und vereinfachten Anerkennungsverfahren wäre schon viel getan.
Nicht zuletzt muss am Image der Pflegeberufe gearbeitet werden. Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen wären ein großer Pluspunkt für junge Menschen aus Deutschland, dem Ausland und sogar für Quereinsteiger aus anderen Berufszweigen.
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